Freelancer werden: So gelingt dir der Sprung in die Selbstständigkeit

Für viele ist es kein Traum: Du machst nur die Arbeit, die dir Spaß bereitet. Du kannst dir die Zeit einteilen, wie du willst. Du arbeitest, wo du willst. Und kein Chef steht hinter dir und treibt dich an. Die freie Mitarbeit macht’s möglich. Doch wer Freelancer werden will, sollte auch über die Nachteile Bescheid wissen.

Junge Frau mit markanter Brille arbeitet an Laptop
bruce mars / pexels.com

Freelancer sind die neuen Lieblinge der Wirtschaft: Sie sind sehr gut qualifiziert, zeitlich flexibel einsetzbar, und oft auch günstiger als festangestellte Mitarbeiter. Freelancer werden zum Beispiel für Projekte ins Boot geholt, bei denen ihre fachliche Expertise gefragt ist, oder leisten Unterstützung bei dringenden Aufgaben. Nach Ende des Projekts, wenn der Auftrag erledigt oder die Arbeit pünktlich abgegeben wurde, erhalten Freelancer ihr Geld. Und begeben sich anschließend auf die Suche nach dem nächsten Projekt, dem nächsten Auftrag, der nächsten Deadline.

Unsere 3 Top-Tipps für alle, die Freelancer werden wollen

  • Bevor du als Freelancer startest, denk gründlich darüber nach, ob die Vorteile der freien Mitarbeit die Nachteile aufwiegen: Sind dir Flexibilität und Selbstbestimmung wichtiger als Planbarkeit und finanzielle Sicherheit?
  • Arbeite kontinuierlich daran, dir einen breiten Kundenstamm aufzubauen. So gelangst du nicht nur an viele spannende Projekte, die genug Abwechslung versprechen, sondern vermeidest – fast schon automatisch – den Vorwurf der Scheinselbstständigkeit.
  • Verkaufe dich nicht unter Wert – du bist der fachliche Experte, den das Unternehmen will. Zudem brauchst du ein finanzielles Polster, um Auftragsflauten oder krankheitsbedingte Ausfälle auszugleichen. Und hey, die nächste Auszeit in Thailand muss ja auch wer bezahlen.

Freelancer: Was ist das eigentlich?

Die beste Definition für „Freelancer“ bietet die deutsche Übersetzung des englischen Begriffs: „freier Mitarbeiter“. Also jemand, der nicht beim Auftraggeber angestellt ist und daher auch nicht fest in die Hierarchie des Unternehmens eingebunden wird – in dieser Hinsicht ist der „freie Mitarbeiter“ tatsächlich „frei“. Er muss sich nicht an feste Arbeitszeiten oder andere für Festangestellte geltende Regelungen halten.

Stattdessen arbeitet der Freelancer, das wäre die eigentliche Definition des Begriffs, als Selbstständiger auf eigene Rechnung. Beim Finanzamt hat er ein Gewerbe angemeldet und zahlt dementsprechend Gewerbesteuer.

Die Qualifikation, um Freelancer zu werden: Erfahrung. Es gibt keine Ausbildung. Stattdessen ist die freie Mitarbeit für viele eine Möglichkeit, nach dem Studium den Einstieg ins Berufsleben zu schaffen. Andere wagen später – nach einer Karriere in einem Unternehmen oder einer längeren Festanstellung – den Sprung in die Ungewissheit und machen sich als Freelancer für ihre Lieblingsbeschäftigung (Schreiben, Zeichnen, Programmieren, …) selbstständig.

Heutzutage sind in vielen Branchen freie Mitarbeiter anzutreffen, einige Berufsfelder sind aber besonders beliebt:

  • Software-Entwicklung, Programmierung, IT im Allgemeinen
  • Erstellung von Grafiken und multimedialen Inhalten, zum Beispiel für Print- oder Online-Magazine
  • Werbetexter, Journalisten, Lektoren
  • Lehrtätigkeiten an Volkshochschulen oder bei Bildungsträgern

Sprachliche Besonderheiten

Der englische Begriff „freelance“ wurde von Sir Walter Scott (1771 – 1832) geprägt. Wie das Merriam-Webster angibt, findet sich die älteste Belegstelle des Wortes in Scotts historischem Roman „Ivanhoe“ (1820). Hier bezeichnet die „freelance“ die „freie Lanze“ bzw. ihren Träger: im Prinzip einen mittelalterlichen Soldaten, der für denjenigen, der am meisten zahlte, in den Krieg zog – ein Söldner also.

Im Deutschen hat sich der Begriff seit der Jahrtausendwende etabliert. Vor allem in Berufsfeldern, in denen Englisch dominiert, wird eigentlich nur der Ausdruck „Freelancer“ verwendet, beispielsweise in der IT-Entwicklung oder im Marketing.

In Kreativberufen – etwa bei Journalisten oder Designern – ist es noch üblich, von „freien Mitarbeitern“ zu sprechen. Hier gibt es auch die – umstrittene – Variante „feste Freie“: freie Mitarbeiter, die vertraglich garantierte Vergünstigungen erhalten, wie einen monatlichen Mindestverdienst, Urlaubsgeld oder eine Kündigungsfrist.

Vorteile für Freelancer

Freelancer können sich – gemäß der Definition weiter oben – alle Projekte und Auftraggeber ganz nach eigenem Ermessen aussuchen. Sie erhalten Aufträge, die sie bis zu einem festgesetzten Termin abliefern müssen. Wie sie dabei vorgehen, ist zunächst den Freelancern selbst überlassen. Auch das Gehalt ist oft verhandelbar. Weisungsbefugt ist der Auftraggeber nicht – im Gegensatz zum Vorgesetzten eines Angestellten. Oft ist es auch möglich, mehrere Aufträge parallel zu bearbeiten: Wenn es bei einem Projekt stockt, macht man einfach woanders weiter.

Zeitlich und räumlich flexibel

Auch der Arbeitstag lässt sich im Prinzip frei und flexibel einteilen: Ein paar Stunden im Home-Office arbeiten, dann im Café weitermachen und für den Tagesendspurt in den Coworking-Space wechseln – all das ist möglich. Gerade die zeitliche Flexibilität macht das Freelancer-Dasein für viele attraktiv, zumal sich so auch Berufs- und Familienleben besser unter einen Hut bringen lassen.

Es gibt eine ganze Reihe an Menschen, die deshalb zu Freelancern werden, weil sie es sehr zu schätzen wissen, heute hier und morgen da arbeiten zu können. Diejenigen, die außer ihrem Laptop, Internetzugang und einem Kaffee weiter nichts brauchen (und, wie Fotos in den sozialen Netzwerken vermuten lassen, eine Vorliebe für sonnige Inseln in Südostasien haben), bezeichnet man häufig auch als digitale Nomaden.

Vorteile in der Übersicht

  • Eigene Entscheidungen treffen
  • Zeitliche und räumliche Flexibilität
  • Abwechslung durch unterschiedliche Projekte
  • Bezahlung frei verhandelbar

Nachteile für Freelancer

Doch die Arbeitsbedingungen für Freelancer sind nicht immer so rosig, wie sie auf den ersten Blick scheinen. Einer der größten Fallstricke, den du kennen solltest, bevor du Freelancer wirst, ist die sogenannte Scheinselbstständigkeit.

Scheinselbstständigkeit

Das betrifft vor allem solche freien Mitarbeiter, die hauptsächlich für einen Auftraggeber tätig sind und über 80 Prozent ihres Umsatzes allein diesem verdanken. Und solche, die vom Auftraggeber wie ein regulärer Angestellter behandelt werden – zum Beispiel Freelancer mit einem eigenen Arbeitsplatz im Büro des Unternehmens. Gerade bei den bereits erwähnten „festen freien“ Journalisten bestehe oft „in der Arbeitswirklichkeit kein praktischer Unterschied zur Tätigkeit von (festangestellten) Redakteuren“, hält der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) fest.

Bei Scheinselbstständigkeit liegt der Verdacht nahe, dass der Auftraggeber einfach die Sozialabgaben für Festangestellte einsparen will, die Freelancer aber wie reguläre Angestellte behandelt. Die Beauftragung freier Mitarbeiter bedeutet für ihn nämlich eine finanzielle und arbeitsrechtliche Entlastung: Freelancer haben keinen Urlaubsanspruch, die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall erübrigt sich, der Mutterschutz entfällt und vieles mehr.

Die Finanzämter, aber auch Renten- und Sozialversicherungsträger prüfen mittlerweile streng Verdachtsfälle von Scheinselbstständigkeit und verhängen hohe Strafen. Der Auftraggeber wird beispielsweise verpflichtet, rückwirkend die Sozialversicherungsbeiträge abzuführen – während der Freelancer seinen Status als Selbstständiger verliert.

Tipp: Als Freelancer solltest du daher immer darauf achten, für mehrere Auftraggeber tätig zu sein (nacheinander oder gleichzeitig), um dem Verdacht der Scheinselbstständigkeit zu entgehen.

Versicherungen und andere Kosten

Wenn du Freelancer werden willst, musst du bedenken, dass du dich dann selbst um deine Altersvorsorge und Krankenversicherung kümmern musst. Als freier Mitarbeiter zahlst du die Beiträge in voller Höhe – der paritätische Arbeitgeberanteil von Festangestellten entfällt. Zudem musst du weitere Ausgaben einplanen, die bei Angestellten das Unternehmen übernimmt: eventuell die Miete für einen Arbeitsplatz, auf jeden Fall aber für Telefon und Internet. Auch an die wichtigsten Versicherungen solltest du denken.

Auf der einen Seite eine hohe Ausgabenlast, auf der anderen Seite ein Einkommen, das je nach Monat mal höher und mal niedriger ausfallen kann – viele Freelancer können ihre finanzielle Situation nicht langfristig planen, sondern müssen mit einer wechselnden Auftragslage kalkulieren. Eine Unsicherheit, die noch nicht so etablierte Freelancer als großen Nachteil empfinden. Das kompensieren sie durch viel Arbeit, mit dem Ergebnis, dass die Work-Life-Balance schnell in Richtung Arbeit abkippt.

Auch erhalten freie Mitarbeiter keine bezahlten Urlaubstage, sondern müssen sie sich „leisten“ können. Und wenn Freelancer krank werden, müssen sie solange die Zeit finanziell überbrücken (können), bis ihre (private) Krankenversicherung Krankengeld zahlt.

Nachteile in der Übersicht

  • Finanzielle Ungewissheit
  • Kein bezahlter Urlaub
  • Keine Lohnfortzahlung im Krankheitsfall
  • Kosten für Altersvorsorge, Versicherungen und laufende Ausgaben
  • Risiko der Scheinselbstständigkeit

Freelancer sind keine Freiberufler (aber manchmal doch)

Zu unterscheiden ist der Freelancer vom Freiberufler. Manchmal wird beides synonym gebraucht, tatsächlich handelt es sich um verschiedene Kategorien. Freiberufler sind von der Gewerbesteuer befreit und haben einen besonderen Status inne. Gesetzlich geregelt ist, dass zu den freiberuflichen Tätigkeiten „die selbständig ausgeübte wissenschaftliche, künstlerische, schriftstellerische, unterrichtende oder erzieherische Tätigkeit“ gehören sowie „die selbständige Berufstätigkeit“ einer Reihe definierter Berufe, zum Beispiel Ärzte, Steuerberater oder Journalisten.

Freie Mitarbeiter und Freiberufler sollte man also nicht verwechseln. Während der Freiberufler in der Regel einer bestimmten Berufsgruppe angehört, liegt der Fokus beim Freelancer eher auf der Form des Beschäftigungsverhältnisses. Allerdings können auch einige Berufsgruppen der freien Berufe als Freelancer arbeiten, zum Beispiel Übersetzer oder Dolmetscher. Andere Freiberufler – etwa Steuerberater, Rechtsanwälte oder Ärzte – werden mit großer Wahrscheinlichkeit in ihrem Berufsfeld nicht als Freelancer tätig sein. Wobei dies nicht die freie Mitarbeit auf anderen Gebieten ausschließt, als Rechtskolumnist einer Tageszeitung zum Beispiel.

So kommen Freelancer an Aufträge

Wer sich als Freelancer noch keinen festen Kundenstamm aufgebaut hat, der einen mit genügend Aufträgen versorgt, ist permanent auf der Suche nach neuen und spannenden Projekten. Um diese zu finden, gibt es eine Reihe an Möglichkeiten:

  • Freelancer-Plattformen wie Twago, freelance.de, Gulp oder Projektwerk. Dazu kommen Angebote auf Online-Stellenbörsen (Monster, StepStone) und internationale Vermittlungsportale wie Simplyhired oder Upwork (früher Odesk). Solche Portale bieten eine große Auswahl an Jobs und Projekten, allerdings ist die Bezahlung durch die (sehr) große Konkurrenz oft nicht so gut.
  • Soziale Netzwerke, zum Beispiel Facebook und Twitter, können dazu dienen, die eigenen Fähigkeiten bestmöglich darzustellen. Auch entsprechende Facebook-Gruppen bieten großes Potenzial, an neue Aufträge zu gelangen. Oft lohnt es sich auch, über Business-Netzwerke wie Xing oder LinkedIn Networking und Kundenakquise zu betreiben.
  • Persönliche Weiterempfehlungen sind ein bewährtes Mittel, das du auch in Zeiten der Digitalisierung nicht unterschätzen solltest. Wer gute Arbeit geleistet und sich als vertrauensvoller Partner erwiesen hat, bleibt in Erinnerung – und wird zum Beispiel bei einer passenden Gelegenheit vom früheren Auftraggeber an einen Geschäftspartner vermittelt.

Empfehlenswert ist natürlich auch, eine eigene Website aufzusetzen, und sei es nur als virtuelle Visitenkarte mit Telefonnummer und E-Mail-Adresse. Zudem solltest du hier Referenzen hinterlegen. Eine effektive vertrauensbildende Maßnahme für potenzielle Kunden sind die sogenannten „Testimonials“. Dabei handelt es sich um kurze, persönliche und – vor allem! – positive Einschätzungen deiner Arbeit. Frag einfach nach Abschluss eines Projekts deinen Auftraggeber nach einem solchen Statement – hast du überzeugt, sollte es nicht schwer sein, eines zu bekommen.


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